Rekonstruktion des Barockgartens

Das Herzstück der Gartenanlage von Schloß Neuhaus bildet das englische Gartenparterre, auch „Parterre à l’angloise“ oder von der Bevölkerung schlicht „Barockgarten“ genannt, das sich hinter dem Wasserschloss, flankiert durch den umlaufenden Rasengürtel und die Lindenalleen, in einem großen Rechteck erstreckt.

Gegenüber der historischen Gartenanlage des 18. Jahrhunderts hat sich sehr viel verändert. Heute bildet das Bürgerhaus den baulichen und optischen Abschluss des zentralen Gartens und macht die Rekonstruktion der früheren Gestaltung nur noch in Teilen möglich.

Das Parterre à l’angloise von Schloß Neuhaus war, wie der Name ausdrückt, nach englischem Vorbild angelegt. Das bedeutet, dass hier nicht nur mit buchsgefassten Blütenrabatten, Broderieornamenten und Kiesflächen Muster auf den Boden des Parks gezeichnet wurden, sondern auch zusätzlich mit grünen Rasenflächen. Derartige gemischte Parterres gibt es in Deutschland in authentischer Rekonstruktion nur noch in Schwetzingen und in Schloß Augustusburg in Brühl.

Ein Bestandsplan des Hofgärtners Phieliep Sauer, erstellt um 1790, diente als Grundlage für die Wiederherstellung des Barockgartens zur Landesgartenschau 1994. Es handelt sich um eine sehr genaue Darstellung der Baulichkeiten und Gärten, deren farbige Ausmalung insbesondere Schlüsse auf gestalterische Details der Gartenanlage zulässt.

Die originalgetreue Rekonstruktion der Gartenanlage aus den vorliegenden historischen Aufmaßplänen erforderte vom Landschaftsarchitekten Dipl.-Ing. Christhard Ehrig ein hohes Maß an Recherche, Spürsinn und Überlegung. Ein großes Problem bei der Planung der Rekonstruktions- und Sanierungsarbeiten war z. B. die Umsetzung des im Spätbarock üblichen „Fußmaßes“ in unser heutiges metrisches Maßsystem. Schließlich konnte nach der Auswertung vieler Quellen das Fußmaß, das Phieliep Sauer in seinem Lageplan für den Schlossgarten zugrunde gelegt hatte, mit 0,296 Meter ermittelt werden. Mit diesem Maß stimmen sowohl die Längen der Hauptachsen und des Parterres als auch die bei Grabungen aufgefundenen ursprünglichen Umrisse der Schlossgräfte überein. Nur mit diesem Schlüssel waren die alten Pläne lesbar und nachzubauen.

Mit Hilfe vieler historischer Mustervorlagen wurden aus dem im Original nur wenige Zentimeter großen, unscharfen Sauerschen Plan die Ornamente für die Gartenrekonstruktion zur Landesgartenschau 1994 abgeleitet. Arabesken aus niedrigen Buchsbaumhecken bilden die Umrisse der Ornamente im Parterre. Die Muschelmotive werden betont mit Buchsbaumkugeln, die Eckpunkte der Blütenrabatten mit Pyramiden und Kegeln aus Eiben. Roter Ziegelsplitt, weißer Marmorkies und schwarzer Hammerschlag verleihen dem Fond Farbe. Das Parterre wird eingerahmt von einer sechs Fuß (1,78 m) breiten Blumenrabatte mit wechselnder Bepflanzung. Eine Besonderheit an dieser Rabatte ist der sogenannte „Eselsrücken“, d. h. die Beetfläche wurde zur Mitte hin leicht überhöht, sodass sich vor dem Betrachter auch die Blütenpracht der weiter innen gesetzten Pflanzen ausbreiten kann.

Rechts und links der Mittelachse des Parterres sind zwei Wasserbecken wiederhergestellt worden, deren Fontainen über Lavatuffsteinen herabfallen.

Im Zentrum des Gartens lag ehemals, nach dem Plan von Phieliep Sauer, ein großes Fontainebecken, dessen Überreste man bei den gartendenkmalpflegerischen Grabungen auch tatsächlich im Schnittpunkt der alten Haupt- und Nebenachsen fand. Heute endet die Mittelachse des wiederhergestellten Gartens allerdings nicht mehr im Rasenbogen an der Lippe, sondern im Innenhof des Bürgerhauses, wo das moderne Brunnentheater den Platz des einstigen barocken Beckens eingenommen hat.